Der Schilfrohrsänger – Der Sänger im Verborgenen
Der Schilfrohrsänger ist ein kleiner, lebhafter Vogel mit erstaunlicher Stimmkraft. Sein Gesang erklingt unermüdlich aus dichtem Schilf und Binsen – laut, wechselreich und überraschend variantenreich. Trotz seiner geringen Größe besitzt er eine enorme Präsenz in der Uferlandschaft. Mit seiner kontrastreichen Gesichtszeichnung und dem hellen Überaugenstreif ist er gut erkennbar, wenn er sich kurz aus der Deckung zeigt. Der Schilfrohrsänger ist ein Paradebeispiel für unauffällige Schönheit und Energie im Verborgenen.
Größe: 12–13 cm
Gewicht: 10–13 g
Spannweite: 17–21 cm
Erscheinungsbild: Oberseite warmbraun mit dunkler Strichelung, Unterseite hell beige; auffallender heller Überaugenstreif („Zügel“), kurzer, spitzer Schnabel
Art: Singvogel aus der Familie der Rohrsänger (Acrocephalidae)
Lebensraum: Feuchtgebiete mit Schilf, Seggen und Binsen; auch an Gräben, Teichen und feuchten Wiesen mit dichter Vegetation
Vorkommen
Der Schilfrohrsänger ist in weiten Teilen Europas verbreitet und brütet von Frankreich bis nach Westsibirien. In Deutschland ist er ein typischer, aber zunehmend seltener werdender Brutvogel in Schilfgebieten, Feuchtwiesen und Röhrichten. Besonders in Norddeutschland, entlang der Küsten und in den Niederungen, sind noch stabile Bestände zu finden.
Er ist ein Langstreckenzieher und überwintert südlich der Sahara, vor allem in den Feuchtgebieten West- und Zentralafrikas. Sein Zug beginnt im August, die Rückkehr in Mitteleuropa erfolgt meist im April oder Mai – oft mit nächtlichen Gesängen schon kurz nach der Ankunft.
Nahrung und Verhalten
Schilfrohrsänger ernähren sich hauptsächlich von Insekten und Spinnen, die sie geschickt aus Halmen, Blättern und Blütenständen lesen. Im Herbst ergänzen Beeren und kleine Früchte die Nahrung.
Sein Verhalten ist flink und wendig: Er huscht durch das Röhricht, klettert geschickt zwischen Halmen und nutzt auch kurze Flüge, um Beute zu erhaschen. Der Gesang ist sein auffälligstes Merkmal – ein quirliges, trillerndes, variantenreiches Konzert aus Imitationen und eigenen Lauten, oft über Minuten hinweg. Dabei wechselt er zwischen Gesangsposten, meist verdeckt, manchmal aber auch exponiert auf einem Schilfrohr.
Brutzeit und Aufzucht
Die Brutzeit beginnt im Mai und reicht bis in den Juli. Das Nest wird von beiden Eltern gebaut – eine kunstvolle, hängende Schale aus Halmen, Gräsern und Spinnfäden, die zwischen Schilfhalmen verankert ist.
Das Gelege besteht meist aus 4–6 Eiern, die etwa 12–14 Tage bebrütet werden. Beide Eltern füttern die Küken, die nach rund 12 Tagen das Nest verlassen, obwohl sie noch nicht voll flugfähig sind. Sie werden dann weitergeführt und gefüttert, bis sie selbstständig werden.
Der Schilfrohrsänger ist ein häufiger Wirtsvogel des Kuckucks – das dichte Röhricht bietet ideale Bedingungen für dessen parasitische Eiablage.
Stimme
Sein Gesang ist unverwechselbar – laut, sprunghaft und voll überraschender Wechsel: Triller, Knarren, Zwitschern, Imitationen anderer Vogelarten. Es klingt, als würde ein ganzer Chor aus dem Schilf erklingen. Charakteristisch ist das schnelle Tempo und der abrupte Wechsel der Motive, meist vorgetragen aus dichter Deckung.
Zur Reviermarkierung singt das Männchen auch nachts. Besonders im Frühsommer kann man ihn in der Dämmerung unermüdlich singen hören – ein stimmliches Feuerwerk aus einem unscheinbaren Körper.